Von großen Screens und kleinen Leuten

Bei der Kinderwelten Fachtagung 2022 warfen Nadja Ziolek und Henning König von Initiative Media Hamburg einen Blick darauf, warum sich der Einsatz von TV bei Kinderkampagnen ganz besonders rechnet. Lesen Sie nachfolgend den Artikel, schauen Sie sich den Mitschnitt als Video an und klicken Sie für Details in die pdf. Alle Vorträge finden sie hier.

Das Mediennutzungsverhalten der Kinder hat sich, wie auch der Vortrag von Birgit Guth zeigt, in den letzten Jahren deutlich geändert. Ein großer Treiber war hierbei die Corona-Pandemie, die zu einem deutlichen Anstieg der digitalen Kanäle geführt hat. Doch auch das lineare TV wird immer noch sehr ausgiebig genutzt: 82 Prozent der Kinder (K. 6-13 J.) schauen laut Kinder-Medien-Monitor 2021 mehrfach pro Woche lineares Fernsehen. Zur Einordnung: In 2019 lag der Wert bei 83 Prozent. TV liegt damit sowohl in der täglichen Nutzung und in der Nutzung mehrfach pro Woche deutlich vor kostenlosen Video-Anbietern wie zum Beispiel YouTube und auch den kostenpflichtigen Streaming-Anbietern wie Netflix, Disney+ oder Amazon Prime. Zwar gewinnen die digitalen Bewegtbildkanäle an Relevanz, aber Live-TV bleibt in den Kinderzielgruppen die am häufigsten genutzte Plattform auf dem Big Screen.

A propos "Big Screen": Die Größe des Bildschirms hat eine sehr starke Wirkung auf die Wahrnehmung. Leider ist die Forschung in den Kinderzielgruppen hier noch nicht so umfangreich, aber Ergebnisse aus den Erwachsenenzielgruppen zeigen, dass das Umfeld und das genutzte Device einen erheblichen Einfluss auf die Aufmerksamkeit haben.

 


Im TV haben Werbungtreibende also nicht nur die Möglichkeit, sehr schnell hohe Reichweiten aufzubauen. Der große Bildschirm hat zudem einen positiven Effekt auf die Wahrnehmung des Gesehenen. Deswegen kann man tatsächlich sagen, dass Bewegtbildkontakte auf dem großen Screen durch andere digitale Medien nicht so einfach zu substituieren sind.

Auch die Nutzungssituation ist im TV eine andere: Inhalte auf dem großen Screen werden eher in einer Lean-Back-Situation konsumiert – also ganz entspannt, wohingegen die digitalen Bewegtbildkanäle eher in einer angespannten Lean-Forward-Haltung genutzt werden. Studien zeigen, dass die beim TV übliche Lean-Back-Verfassung zu einer stärkeren Fokussierung auf das Gesehene führt und einen positiven Effekt auf die Werbeerinnerung hat.

TV hat aber auch eine besonders nachhaltige Abverkaufswirkung: Nach Ablauf von einem Monat ist die Werbeerinnerung an einen TV-Spot immer noch deutlich höher als unmittelbar nach einem Kampagnenkontakt bei YouTube oder Facebook.

 


Zurück zu den Erkenntnissen der Forschung in den Kinderzielgruppen. Tatsächlich ist es so, dass die meiste Werbung immer noch von den Kindern im TV gesehen wird, sie beim Fernsehen die größte Akzeptanz gegenüber Werbung haben und das Medium auch den größten Einfluss auf die Kaufwünsche hat.

Ein weiterer Punkt ist der gezielte Bruttoreichweitenaufbau mittels Werbung im linearen Fernsehen. Wir wissen, dass eine erhöhte Kontaktfrequenz dazu führt, dass sich Kinder ein Produkt aus der Werbung eher wünschen. Und wir als Agentur haben aus planerischer Sicht tatsächlich die Möglichkeit, über eine mehrfache Werbeblockbelegung eben diese Reichweite ganz gezielt aufzubauen. Das ist im digitalen Bereich so nicht ganz möglich, da wir in den Kinderzielgruppen aufgrund der Vorgaben der GDPR (EU General Data Protection Regulation) kein Frequency Capping, aber auch kein Targeting einsetzen können.

Beim Kinderfernsehen gibt's immer etwas gratis

Ein Reichweitenaufbau der ganz anderen Art ist das Co-Viewing beim Fernsehen. Kinder-TV erreicht nämlich nicht nur die Kinder. Der Begriff "Streugewinn" ist zwar ein bisschen aus der Mode geraten, der Effekt ist aber gerade bei der Werbung in Kinderzielgruppen nicht zu verachten. Denn 59 Prozent der Eltern schauen mit ihren Kindern gemeinsam TV. Das heißt, dass Werbekampagnen im Kinderfernsehen im Mikrokosmos des Wohnzimmers auf kollektive Nutzungserlebnisse treffen. In harten Media KPIs ausgedrückt: Durchschnittlich generiert eine Kampagne, die sich auf Kindersendern an Kinder richtet, in den Elternzielgruppen bis zu 35 Prozent zusätzlicher Reichweite, also Leistung.

Sicherheit für Eltern und Marken: Starkes Vertrauen in Kinderfernsehen

Im Vergleich zu anderen digitalen Medien haben Eltern heute ein hohes Vertrauen ins klassische (Kinder-)Fernsehen: 47 Prozent der Eltern überlassen laut Kinder-Medien-Monitor 2021 ihren Kindern die "Programmhoheit", die Kinder dürfen selbst entscheiden, was sie dort konsumieren – das sind 19 Prozentpunkte mehr als z.B. bei YouTube. 45 Prozent der Eltern finden, dass sich Kinder mit dem Medium TV sinnvoll beschäftigen können. Sogar 62 Prozent sagen, dass ihre Kinder im TV etwas lernen können (YouTube: 39%).

Das ist ein deutlicher Paradigmen-Shift: Wurden früher Eltern vor kindlichem TV-Konsum gewarnt, ist Fernsehen heute eines der sichersten Umfelder, mit sorgfältig kuratierten Inhalten wie kindgerechten Wissens- und Unterhaltungsformaten, und einem funktionierenden Jugendschutz. Das bedeutet auch: Brand Safety für Marken, die in diesen Umfeldern werben.

Kinder-Fernsehen steht also für mehr als nur Lean-Back-Rezeption, das performancesteigernde Co-Viewing oder gute Planbarkeit. Es genießt mit seinen hochwertigen und verlässlichen Inhalten auch Vertrauen. Das strahlt auch auf Marken ab, die in diesem Umfeld werben.
Viele Unternehmen mit Produkten für Kinderzielgruppen vertrauen seit jeher auf die Effizienz und Effektivität von Werbung im linearen Fernsehen. So entfielen von den 209 Millionen Euro, die laut Nielsen im Jahr 2021 für das Segment Spielzeug in Werbung investiert wurden, 91,4 Prozent auf das lineare TV (und nur 5,3% auf Werbung in YouTube).

Knappe Verfügbarkeiten durch Corona-Nachholeffekte

Die vielen guten Gründe dafür TV zu buchen, haben aber auch eine Schattenseite. Zu Beginn der Pandemie hatten die werbungtreibenden Unternehmen ihre Media-Investitionen stark zurückgefahren. In 2021 sind die Spendings dann geradezu explodiert. De facto ist es so, dass jetzt eine unglaublich hohe Nachfrage immer noch auf dieselbe Verfügbarkeit an Flächen trifft. Die Folge ist ein deutlicher Anstieg der TKPs im Vergleich zu 2019. Trotzdem ist TV weiterhin kompetitiv – auch in der Wirtschaftlichkeit.
Zwar hat sich der Gap beim Brutto-TKP zwischen den digitalen Medien und TV in den letzten Jahren deutlich verkleinert – und wenn sich die Entwicklung so fortsetzt, werden sich die Mediagattungen in spätestens zwei Jahren angeglichen haben. Unsere Empfehlung als Initiative Media ist darum für unsere Werbekunden, eine integrierte Bewegtbild-Planung auf die Beine zu stellen – mit TV als Rückgrat, ergänzt um Online-Video-Kanäle oder um YouTube. Auch wenn das Vertrauen auf diesen Plattformen nicht so hoch ausgeprägt ist, unter Reichweitenaspekten ist die Hinzunahme derzeit unerlässlich. Außerdem empfehlen wir den zusätzlichen Einsatz von Connected TV, also Apps, die man auf internetfähigen TV-Geräten findet.

Der Einsatz zusätzlicher Plattformen zahlt sich im Übrigen auch unter Wirkungsaspekten aus: Im Vergleich zu einer Mono-TV-Kampagne führt, wie im letzten Jahr auf den Kinderwelten gezeigt, eine Crossmedia-Kampagne zu einem Uplift von 25 Prozent bei der Werbeerinnerung, 8 Prozent bei der Produktbekanntheit und 6 Prozent bei der Produktbegehrlichkeit. TV wirkt – und im Zusammenspiel mit weiteren Video-Plattformen sogar noch ein kleines bisschen besser.

Henning König (Director Client Advice & Management Initiative Media, henning.koenig@initiative.com)
Nadja Ziolek (Group Head Client Advice & Management Initiative Media, nadja.ziolek@initiative.com)