Alles was Recht ist

Bei der Kinderwelten Fachtagung 2022 beschäftigte sich Katja Heintschel von Heinegg, Geschäftsführerin des ZAW und Deutscher Werberat, mit den rechtliche Rahmenbedingungen für Werbung, die sich an Kinder richtet. Lesen Sie nachfolgend den Artikel, schauen Sie sich den Mitschnitt als Video an und klicken Sie für Details in die pdf.

Ganz gleich, in welchem Medium: Werbung, die sich an Kinder wendet, ist grundsätzlich ein emotionales Thema. Sie wird kritisch beäugt, genau überwacht und steht immer wieder im Mittelpunkt politischer Diskurse, in denen auch immer wieder gesetzliche Verschärfungen gefordert werden.

Die Restriktionen für Kinderwerbung, auf die im Folgenden weiter eingegangen werden, basieren auf den gesetzlichen Regelungen und den Selbstverpflichtungserklärungen des Deutschen Werberats.

Besonderes Schutzbedürfnis der jungen Adressaten

Werbung gegenüber Kindern ist zu Recht stärker reguliert als Werbung gegenüber Erwachsenen, denn im Gegensatz zu diesen müssen Kinder Medienkompetenz bzw. Werbekompetenz erst noch erlernen. Je nach Alter können sie z.B. die Relevanz von werblichen Übertreibungen nicht so einschätzen, wie das Erwachsene tun.

"Kinder" sind nach medienrechtlichen Vorgaben unter 14-Jährige, nach den Verhaltensregeln des Deutschen Werberats unter 12-Jährige. In der Lebensmittelwerbung gelten die unter 14-Jährigen als Maßstab. Von Seiten der Politik wird allerdings auch diskutiert, ob Kinder vielleicht mit Minderjährigen (also unter 18-Jährigen) gleichzusetzen sind – man sollte daher auch diese Altersgrenze bei der Konzeption und Kreation "im Hinterkopf" behalten.

Eine besondere Herausforderung ist die Lebensmittelwerbung gegenüber Kindern: Sie ist immer wieder in der Kritik und es gibt immer wieder Diskussionen, ob ein komplettes Werbeverbot nicht dafür sorgen könnte, Übergewicht bei Kindern zu verhindern. Der ZAW sieht das anders: Er vertritt die Position, dass die derzeit üblichen Inhalte von Werbung, die sich an Kinder wendet, generell angemessen sind und – speziell im Bereich der Lebensmittelwerbung – nicht zu Übergewicht führen.

Allgemeine rechtliche und regulative Vorgaben

Werbung muss in allen Medien ganz klar als solche gekennzeichnet sein – das gilt für Werbung, die sich an Erwachsene wendet und für Kinderwerbung ganz besonders. Hierbei ist entscheidend, dass der Erfahrungshorizont der Kinder berücksichtigt wird, also die Trennung von Content und Werbung und die Kennzeichnung derselben besonders deutlich sind.

Im TV und bei den Audiomedien wird dies durch Trenner wie "Jetzt kommt die Werbung" signalisiert. Wichtig ist die Erkennbarkeit aber natürlich auch im Printbereich, wo etwa beim Native Advertising kommerzielle Kommunikation aufgemacht ist wie ein redaktioneller Beitrag. Das ist prinzipiell auch gegenüber Kindern zulässig – es muss aber ganz klar (für Kinder verständlich) gekennzeichnet sein.

Ebenfalls wichtig sind die Regeln im Hinblick auf die inhaltliche Gestaltung von Werbung gegenüber Kindern, die ebenfalls für alle Mediengattungen gelten: So darf Werbung, die sich an unter 14-Jährige richtet, keine Konsumaufforderung oder Kaufaufforderung enthalten. Appelle wie "Hol' dir die neue Ausgabe" oder "Genieße jetzt" sind also nicht erlaubt. Ebenfalls untersagt ist das "Spiel über die Bande" mit Aufforderungen wie "Bitte deine Eltern, das zu kaufen" oder sogar konkreten Argumenten, die Kinder den Eltern gegenüber vorbringen sollen. Dass damit auch auf Online-Plattformen "Kauf mich!"-Buttons tabu sind, ist selbstverständlich.

Auch bei Gewinnspielen gilt, dass sie den Erfahrungshorizont der Kinder berücksichtigen müssen. Es dürfen daher keine übertriebenen Gewinne in Aussicht gestellt werden und das Kind darf nicht zur Teilnahme gedrängt werden.

Die Vorbildfunktion von Werbung nicht unterschätzen

Kinder imitieren gerne das Verhalten gleichaltriger oder älterer Kinder. Darum dürfen Kinder und Jugendliche in der Werbung nicht in gefährlichen Situationen gezeigt werden, die eventuell zum Nachmachen anregen. Auch strafbare Handlungen oder ähnliches Fehlverhalten dürfen nicht als nachahmenswert dargestellt werden. So darf Werbung an Kinder beispielsweise nicht vermitteln, dass es cool ist, über den Zaun eines Freibads zu klettern und dann verbotenerweise dort zu baden.

Werbung darf auch nicht diskriminieren – weder aufgrund des Geschlechts, noch aufgrund der Rasse, der Herkunft, der Religion usw. Speziell im Fall der Geschlechterdiskriminierung bedeutet das aber nicht zwangsläufig, dass man keine Stereotype verwenden darf – sie dürfen aber nicht herabwürdigend sein. Man kann also durchaus ein Produkt als "Jungen-Produkt" bewerben. Man darf aber nicht suggerieren, dass Mädchen damit nicht spielen dürfen, sollen oder gar können. Auch die Thematisierung etwaiger Defizite ist an sich kein Problem, wenn damit nicht eine Stereotypisierung einhergeht. Um Nachhilfeunterricht zu bewerben, darf man also durchaus Kinder in schulischen Problemsituationen zeigen.

Besondere Sensibilität bei Lebensmittelwerbung

Unternehmen, die sich mit Werbung für Lebensmittel an Kinder wenden, haben eine besondere Verantwortung: Von ihnen wird letztlich erwartet, dass sie nicht nur Rücksicht auf die eingeschränkte Medien- und Werbekompetenz der Kinder nehmen, sondern auch die Ernährungskompetenz der unter 14-Jährigen im Fokus haben.

Werbung für Lebensmittel darf darum nie einem gesunden, aktiven Lebensstil entgegenwirken. So darf etwa kein übermäßiger oder einseitiger Konsum gezeigt werden. Einen süßen Snack in der Schulpause zu zeigen, ist okay – eine Schultasche voller Süßigkeiten nicht. Zur bewussten Ernährung gehört im Übrigen auch die Konsumsituation: Bewusstes Genießen ist in Ordnung, das "Nebenbei-Snacken" ist problematisch – darum soll auch nicht gezeigt werden, wie Lebensmittel vor einem Bildschirm (das kann auch ein Handydisplay sein) verzehrt werden.

Werbung darf zudem nicht die Autorität von Eltern und Lehrern untergraben, indem sie suggeriert, dass es "cool" ist, Dinge zu essen, von denen die Erwachsenen vielleicht abraten. Ebenfalls tabu ist es, sozialen oder gar schulischen Erfolg mit dem Konsum von bestimmten Lebensmitteln zu konnotieren.

Zusätzlich gibt es noch eine Regel, die ausschließlich die audiovisuelle Kommunikation betrifft, denn hier dürfen positive Ernährungseigenschaften eines Lebensmittels ("mit Vitaminen") nicht hervorgehoben werden. Dadurch soll vermieden werden, dass Kinder übermäßig viel von einem Produkt verzehren, weil sie glauben, dies wäre besonders gesund.

Werbung mit Umwelt und Nachhaltigkeitsbezug

Das Zukunftsthema "Nachhaltigkeit" beschäftigt Erwachsene wie auch Kinder. Auch hier gilt es, in der Werbung den Erfahrungshorizont der Kinder zu berücksichtigen. Selbst bei uneingeschränkt guten Zwecken gilt: Keine Kaufaufforderung, keine Konsumaufforderung, auch nicht mit dem Umweg über Aufforderungen an die Eltern. Die Aussage "Wenn deine Eltern dieses Produkt kaufen, dann geht es unserer Umwelt besser!" mag objektiv stimmen, sie ist aber in Kinderwerbung trotzdem tabu. Auch Gruppendruck darf nicht eingesetzt werden ("Wenn du alle deine Freunde dazu bringst, das zu essen, dann retten wir unsere Welt.")

Grundsätzlich dürfen Green Claims, also Werbeaussagen mit Umweltbezug, nicht in die Irre führen. Auch hier gilt wieder der Erfahrungshorizont der Kinder als Maßstab bei der Beurteilung: Kinder müssen verstehen können, was "klimaneutral" ist und warum ein bestimmtes Produkt das von sich behauptet. Wenn die Klimaneutralität also auf dem Kauf von Zertifikaten basiert, muss auch das erklärt werden.

Weitere Informationen rund um die Vorgaben zur Werbung an Kinder gibt es beim Zentralverband der Deutschen Werbewirtschaft (ZAW) und dem Deutschen Werberat.

Katja Heintschel von Heinegg (Geschäftsführerin ZAW und Deutscher Werberat)