Die Spotlänge macht den Unterschied

Welchen Einfluss hat die Spotlänge auf die Werbung? Kann man in weniger als 10 Sekunden wirklich eine Geschichte erzählen? – Mit diesen Fragestellungen beschäftigt sich eine aktuelle Studie von Thinkbox, die die Wirkungsunterschiede zwischen lange und kurzen TV-Spots untersucht.

Bereits im Ad Alliance Spotlängen-Dossier, das in der Fourscreen Trends-Ausgabe 3/2019 (hier) veröffentlicht wurde, haben wir ausführlich das Thema Spotlänge behandelt. Auch die englische Gattungsinitiative für TV-Werbung Thinkbox hat sich in diesem Jahr intensiver mit diesem Thema beschäftigt und das Marktforschungsinstitut "Work" mit der Durchführung einer Studie beauftragt. Dabei wurde neben der Spotlänge an sich auch die Rolle des Storytellings näher betrachtet. Wie auch schon im Spotlängen-Dossier zeigt sich auch hier, dass längere Formate besser wirken. Die Haupt-Ergebnisse sind wie folgt:

LÄNGERE SPOTS HABEN EINEN POSITIVEREN EINFLUSS AUF DIE MARKEN-WAHRNEHMUNG ALS KÜRZERE SPOTS

Bei den längeren Spots gab es im Vergleich zu den Kurzfassungen einen um 42 Prozent höheren Uplift in den konkreten Aussagen zu den Marken. Auf der impliziten Ebene wirkten die längeren Spots sogar noch besser – hier lag die Differenz zu den kürzeren Spots sogar bei 77 Prozent. Das ist besonders beeindruckend, weil die Marken im Test den Probanden zuvor völlig unbekannt waren. Längere Spots können also die emotionale Markenwahrnehmung wesentlich effektiver beeinflussen als kürzere Spots.

LONGER ADS DELIVER MORE EXPLICIT BRAND INFORMATION

Source: A Matter of Time, 2019, Work/walnut/thinkbox. Based on 3 brands (3x short ad; 3x long ad)

LONGER ADS WORK EVEN HARDER AT AN IMPLICIT LEVEL

SOURCE: A MATTER OF TIME, 2019, WORK/WALNUT/THINKBOX. BASED ON 3 BRANDS (3X SHORT AD; 3X LONG AD)

LÄNGERE SPOTS STÄRKEN DAS BILDLICHE GEDÄCHTNIS

Unser Gehirn funktioniert nicht wie eine Videokamera, sondern wir erinnern uns, indem wir Standbilder von Ereignissen speichern und wieder abrufen. Eine ikonische Bildsprache ist somit wichtig für TV-Spots und einen effektiven Marken-Aufbau. Wie die Thinkbox-Studie zeigt, sind aber der Kontext und das Storytelling die Haupttreiber für das Markengedächtnis.

In der Studie wurden sowohl längere als auch kürzere Spots gezeigt, in denen die gleichen Bilder für jeweils eine ähnliche Zeitdauer zu sehen waren. Doch die Erinnerung an solche Schlüsselszenen war in längeren Spots um 37 Prozent höher als in kürzeren Spots.

Das zeigt, dass der narrative Kontext einen großen Einfluss auf die Erinnerung an relevante Schlüsselszenen hat – und dass der narrative Kontext durch längere Spots verstärkt wird.

SAME IMAGERY, SIMILAR DURATION, DIFFERENT LEVELS OF RECALL

Source: A Matter of Time, 2019, Work/walnut/thinkbox. Based on 3 brands (3x short ad; 3x long ad)

DIE MARKEN-WAHRNEHMUNG IST STABILER ALS DIE MARKEN-AWARENESS

Zudem zeigt die Studie unabhängig von der Spotlänge, dass die Marken-Erinnerung nach dem Spotkontakt viel schneller verblasst als die implizite und explizite Markenwahrnehmung: Einige Tage nach der Spotdarbietung fiel die spontane und gestützte Marken-Awareness um 87 Prozent bzw. 83 Prozent, die Markenwahrnehmung reduzierte sich dagegen lediglich um 20 Prozent bzw. 18 Prozent. Dazwischen positionierten sich die Werte für die implizite Erinnerung an Szenen aus den Spots.

Hieraus lässt sich schlussfolgern, dass Kernbotschaften und Emotionen bzgl. einer Marke sowie Visualisierungen nachhaltiger wirken als der Markenname allein. Dies unterstreicht nochmals die Bedeutung von Emotionen in der Werbung und unterstützt Heaths Theorie vom "Low Attention Processing" – dass man, auch wenn man der Werbung relativ wenig Aufmerksamkeit schenkt, dennoch eine Reihe von Assoziationen und Gefühlen um Marken herum bildet, die über den Kontaktzeitpunkt hinaus Bestand haben (auch wenn man sich nicht mehr bewusst an den Markennamen erinnern kann). Dies gilt auch für kürzere Spots.

Da bei dieser Studie Spots von unbekannten Marken zum Einsatz kamen, die nur ein- oder zweimal gezeigt wurden, zeigt sich hier sehr schön die narrative Kraft von TV-Spots und ihr positiver und nachhaltiger Einfluss auf die Gestaltung von Markenassoziationen und letztendlich die Markenwahrnehmung.

AWARENESS DECAYS FASTER THAN PERCEPTION

Source: A Matter of Time, 2019, Work/Walnut/Thinkbox. Based on 4 brands. Delay was 3-5 days post-exposure

FAZIT

Insgesamt zeigt sich, dass längere Spots einen besonders positiven Einfluss auf die Marken-Wahrnehmung ausüben. Längere Spots eignen sich besser als kürzere Spots für Storytelling, und dies ist ein besonders wichtiger Treiber der Werbewirkung. Damit sind längere Spots auch besser geeignet, um positive Markenwahrnehmungen – insbesondere implizite Assoziationen – voranzutreiben.

Die Originalstudie finden Sie hier.

Weiterführende Informationen

Die Methode

Die Herausforderung bei Studien zum Thema Spotlänge besteht darin, dass Markenerfahrungen aus der Vergangenheit den Test beeinflussen können. Um diese Hürde zu umgehen, hat das Institut „Work“ folgendes Studiendesign gewählt:

Zunächst wurden die Sujets vier bestehender Marken aus den Bereichen Einzelhandel, Versicherungen, Waschmittel und Breitband ausgewählt, die aber in Großbritannien unbekannt sind. Im nächsten Schritt entwickelte eine Agentur neue Identitäten für diese vier Marken und erstellte verschiedene Spotfassungen: Langspots (60 Sekunden), mittellange Spots (30 Sekunden) und Kurzspots (10 Sekunden, 6 Sekunden oder 5 Sekunden).

Im Rahmen eines Onlinetests wurde jede Spotvariante im Umfeld anderer Werbung jeweils 200 Probanden gezeigt. Danach fand zum einen eine explizite Abfrage statt, um die bewusste Wahrnehmung zu ermitteln, zum anderen kam ein impliziter Test (IRT, Implicit Reaction Test) zum Einsatz, um die unbewusste Wahrnehmung der Marke zu erfassen. Hierfür mussten unter Zeitdruck Marken-Items einer Marke zugeordnet werden. Eine Teilgruppe der Befragten wurde einige Tage später erneut getestet.