Im "New Normal": Wie Deutschland mit Corona umgeht

Die 4. Welle der Corona-Studie zeigt, welche neue Verhaltensweisen sich in der Krise etablieren. 

Der Herbst ist da, die 7-Tage-Inzidenzen steigen wieder und manche Experten sehnen schon einen kurzen Lockdown herbei, um die Virus-Aktivität zumindest ein wenig auszubremsen. Das alles zu einem Zeitpunkt, zu dem ein großer Teil der Deutschen sich zumindest ein wenig mit Corona arrangiert hatte – dies zumindest verdeutlichen die Ergebnisse der 4. Welle der Corona-Studie der Ad Alliance. Für die online-repräsentative Studie wurden in der zweiten Septemberwoche, also nach dem Ende der Sommerferien, 1.042 Personen ab 16 Jahren befragt. 

Neun von zehn Befragten kommen mit der Situation "sehr gut zurecht" 

Jeder vierte Berufstätige arbeitet zu diesem Zeitpunkt abwechselnd sowohl im Unternehmen als auch im Home-Office. Nur 55 Prozent der arbeitenden Bevölkerung sind am gewohnten Arbeitsplatz im Unternehmen bzw. bei Kunden tätig – gerade einmal 5 Prozentpunkte mehr als in der 3. Welle Ende Mai. Die in vielen Unternehmen noch vor der Pandemie eher verhaltene Begeisterung gegenüber Home-Office-Arbeitsplätzen ist schnell einem pragmatischen Umgang gewichen – Hygiene- und Abstandsregeln und die Sorge um Infektionen am Arbeitsplatz im Unternehmen machten das Home-Office schnell attraktiv. 

In den Haushalten entspannt sich die Wahrnehmung der Gefahren von Corona zwischen Ende Mai und Anfang September deutlich: Hatten beispielsweise in der 3. Welle noch drei Viertel aller Befragten (76%) soziale Kontakte soweit möglich vermieden, sind es nun nur noch 60%. Immer mehr Menschen planen ihre Aktivitäten nicht mehr nur von Tag zu Tag, sondern wieder weiter voraus. Überraschend viele Befragte (89%) sagen Mitte September, dass sie "mittlerweile mit der Situation durch Corona sehr gut zurechtkommen".  

Gesundheitsbewusstsein nimmt enorm zu 

Dennoch ist einiges im "New Normal“"anders als zuvor. Vor allem hat die Krise das Bewusstsein für das eigene Wohlbefinden und Gesundheitsthemen geschärft: Drei Viertel aller Befragten achten auf Grund der Pandemie nun mehr auf ihre Gesundheit. Auch Sport und gesunde Ernährung spielen eine wesentlich höhere Rolle als vor der Pandemie.

Für Erwachsene wie auch Kinder gilt: Mediennutzung und Freizeitaktivitäten, denen man seit Beginn der Pandemie stärker nachgeht, nehmen zwar im Vergleich zur Mai-Welle etwas ab, bleiben aber insgesamt auf hohem Niveau.

Cocooning-Trend hält an – alles was gut tut, wird geschätzt 

Das Heim verschönern, basteln, sich gemütlich einigeln: Der mit der Corona-Pandemie einsetzende Trend zum Cocooning hält weiter an. 64% der Befragten sagen, dass es ihnen wichtig ist, dass sie sich zu Hause wohl fühlen und sie darum an nichts sparen. Sie geben beispielsweise an, nun häufiger als vor der Pandemie Utensilien zum Heimwerken (23%), Bücher (20%) und Bastel-Materialien (19%) zu kaufen.  

Halb Deutschland war verreist 

Immerhin knapp die Hälfte der Deutschen (48%) ist in diesem Jahr bereits mindestens einmal verreist. Im Unterschied zu den üblichen Destinationen wurden die Koffer aber dieses Mal vorwiegend für Ziele zwischen Flensburg und Berchtesgaden gepackt. 

Wichtigster Aspekt bei der Reiseplanung für 2021 ist mit 71 Prozent Zustimmung eine Garantie, das Geld zurück zu erhalten, falls die Reise nicht durchgeführt werden kann. Mehr als die Hälfte (53%) legen auf angemessene Hygienemaßnahmen bei der Anreise wert, 48% wollen Garantien für kostenlosen Rücktransport, falls sie am Urlaubsort an COVID-19 erkranken. 

Neue Präferenzen beim Einkaufen: Online – oder direkt um die Ecke 

Corona sorgte für einen Boost beim Online-Shopping: Kurz vor dem Ende der verschärften Maßnahmen (Anfang April, 2. Welle der Studie) gaben 66 Prozent der Befragten an, häufiger als vor der Pandemie Produkte des täglichen Bedarfs online zu shoppen. Dieser Effekt hält auch im „New Normal“ an – immer noch sind es 61 Prozent der Befragten, die häufiger als früher im Web shoppen. Zudem zeigt sich, dass das Einkaufen unmittelbar in der Nähe zum Wohnort stark zugenommen hat (66%). 

Zudem haben viele auch beim Einkaufen verstärkt das eigene Wohlbefinden und ihre Gesundheit im Blick: Zwei Drittel der Befragten legen jetzt mehr Wert auf die Qualität der Lebensmittel, 52 Prozent kaufen häufiger etablierte Marken, die ihnen vertraut sind.  

Unabhängig vom Kaufort stehen haltbare Lebensmittel höher im Kurs als früher (23% der Befragten kaufen diese nun häufiger), ebenso aber auch Obst und Gemüse (26%). Der starke Run auf Fertiggerichte unmittelbar nach Beginn der Pandemie (20% Befragte, die diese Produkte häufiger kaufen) hat sich dagegen mittlerweile etwas abgeschwächt (11%). 

Medien greifen neue Bedürfnisse auf  

Vom ersten Tag der Pandemie an waren die Medien nicht nur die verlässliche Informationsquelle für Neuigkeiten und Hintergrundinformationen zu Corona, sie sorgten auch als Gegenpol für die notwendige Entspannung und Unterhaltung. Gefragt danach, welche Medien sie während der Pandemie neu für sich entdeckt haben, nennen ein Fünftel der Befragten (20%) Podcasts, 10 Prozent Streaming und 7 Prozent TV.  

Insgesamt zeigt sich, dass alle Medien in der Pandemie ihr Profil geschärft und von den Funktionen her stärker gegeneinander abgegrenzt haben: Für sich wiederentdeckt haben viele Befragte vor allem TV, Streaming und Podcast bzw. Radio. Als "zuverlässigster Begleiter" in der Pandemie wird am häufigsten TV genannt (31% Zustimmung), für Ablenkung vom Thema Corona wird besonders oft Streaming genutzt (48% Zustimmung). So verwundert es auch nicht, dass die Abos für Streamingdienste seit Beginn der Pandemie deutlich zugelegt haben. Aber auch Abo-Angebote von Podcasts, Nachrichtenseiten und Printtiteln finden regen Zuspruch.