Gratifikationen beim Medienkonsum im Langzeitvergleich

Im Rahmen der Studienreihe "Kartografie von Bewegtbild" erscheint die fünfte und erweiterte Ausgabe zu Nutzungs- und Belohnungsmotiven der verschiedenen Medienkanäle – jetzt inklusive Print und Podcast.

Welches Medium wann genutzt wird, hängt von vielen Faktoren ab. Eine besonders wichtige Rolle spielen dabei die Gratifikationen: Was verspreche ich mir vom Konsum eines bestimmten Mediums, welche Belohnungen sind typischerweise mit der Nutzung verbunden? Zum fünften Mal wurde nun im Rahmen der Studienreihe "Kartografie von Bewegtbild" die Entwicklung der Belohnungsmotive der verschiedenen Medienkanäle untersucht. Neben dem Langzeitblick auf die Nutzungsentwicklung der Bewegtbildkanäle wurde die aktuelle Ausgabe um die Gattungen Print und Podcast erweitert. Mehr als 4.000 Personen im Alter von 14 bis 59 Jahren wurden dazu befragt, mit welchen Belohnungserwartungen sie die verschiedenen Medienkanäle nutzen. Die insgesamt 30 unterschiedlichen Einzelaspekte wurden dabei zu fünf Nutzungs- bzw. Belohnungsmotiven verdichtet:

  • Entspannung und Unterhaltung: Als Zeitvertreib, zum Mitfiebern oder zur Alltagsflucht.
  • Information: Auf dem Laufenden bleiben, etwas lernen.
  • Anschlusskommunikation: Mitreden können.
  • Soziale Orientierung: Sich im Alltag zurechtfinden, seine (gesellschaftliche) Position besser einschätzen, zu erleben, dass andere die gleichen Probleme haben, wie man selbst.
  • Tagesstrukturierung: Feste Rituale der Nutzung strukturieren den Alltag.

Die Studie zeigt, dass es im Langzeitvergleich zwar kleine Veränderungen bei den einzelnen Medien gibt, große Disruptionen aber ausgeblieben sind. So ist lineares TV unter allen Medien unverändert führend bei den Nutzungsmotiven Alltagsstrukturierung und Information. Bei vier von sechs Einzelitems des Nutzungsmotivs „Information“ ist TV stärker als alle anderen erhobenen Medien. TV ist auch überdurchschnittlich stark bei Entspannung und Unterhaltung und den Möglichkeiten zur Anschlusskommunikation. Fernsehen zeigt, was in der Welt, in Deutschland und in der Region passiert. Es liefert Gesprächsstoff, strukturiert den Alltag, bietet aber auch Möglichkeiten für kleine Alltagsfluchten beim entspannten Konsum.

Fernsehen ist originärer Ursprung der Inhalte der BVoD-Plattformen bzw. Mediatheken. Wie auch die Online-Videotheken bedienen diese Plattformen auch prinzpiell die gleichen Belohnungsmotive wie lineares TV. Allerdings spielen sie eine nochmals größere Rolle beim Faktor Entspannung und Unterhaltung. Die Plattformen bedienen das Bedürfnis, sich von der realen Welt abzukapseln und stattdessen andere, neue Welten zu erleben. Auch die Möglichkeit, im Alltag mitreden zu können (Anschlusskommunikation) ist den Nutzern wichtig. TVNOW, Netflix und Co. strukturieren auch den Alltag, denn sie haben zwar keine festen Sendepläne, werden aber oftmals zu festen Zeiten genutzt.

YouTube ist besonders stark beim Faktor „Information“. Dahinter verbergen sich vor allem Alltagstipps sowie Lernen ohne großen Aufwand. Der Kanal ist damit eher Ratgeber als Entertainer. Im Fünfjahresvergleich hat YouTube beim Faktor Information sogar deutlich gewonnen (Indexwerte 124 (2020) vs 109 (2016)).

Betrachtet man das Videoangebot von Facebook, so sind die Nutzungsmotive im Vergleich zu allen anderen abgefragten Bewegtbildplattformen nur unterdurchschnittlich. Das Soziale Netzwerk wird eher zur Vernetzung und zum persönlichen Austausch als zum Videokonsum genutzt. Noch am besten performen Facebook-Videos auf den Items „Information“ und „Anschlusskommunikation“ (allerdings mit stark unterdurchschnittlichen Indexwerten von 82).

Die Bewegtbildinhalte bei Snapchat und insbesondere Instagram belohnen die Nutzer schon deutlich besser – allerdings immer noch auf niedrigem Niveau im Vergleich zum professionellen Content der anderen Plattformen. Instagrams Stärken sind erwartungsgemäß die soziale Orientierung (Index 112) und die Anschlusskommunikation (Index 107), Snapchat-Videos haben in den letzten Jahren stark an Relevanz beim Faktor „sozialen Orientierung“ verloren und performen heute nur noch leicht überdurchschnittlich (Index 103).

Zusammenfassend betrachtet suchen und finden User die typischen Belohnungen der Bewegtbildmedien am ehesten bei den Plattformen, die auch die Möglichkeit zur Lean-Back-Nutzung ermöglichen.

Zu den neu erhobenen Mediengattungen Print und Podcast liegen zwangsläufig nur Momentaufnahmen der Gratifikationen vor. Print ist vor allem als Informationsquelle wichtig, aber auch als Ankerpunkt für soziale Orientierung. Es performt es bei vielen der abgefragten Nutzungsmotive ähnlich gut wie TV.

Speziell die Podcasts bedienen ein sehr breites Spektrum an Motiven – beginnend bei Alltagstipps bis hin zum Gefühl, als Hörer mittendrin zu sein. Podcasts sind auch stark, wenn es darum geht, in andere Welten abzutauchen, dort zu entspannen und sich unterhalten zu lassen. Daneben sorgen sie dafür, dass man jederzeit mitreden kann. Damit decken Podcasts alle fünf Hauptmotive der Mediennutzung ab.

Weiterführende Informationen

*Methodik: Die von der Mediengruppe RTL durchgeführte Langzeitstudie basiert auf einer Online-Stichprobe. Mobil befragt werden 14- bis 59-Jährige über das „I love MyMedia“-Panel und den Entscheiderclub. Seit Dezember 2015 wurden fünf Wellen durchgeführt. In der fünften Welle im Januar 2020 wurden 4.145 Personen befragt.