Brands & Business: Was in 2022 wichtig wird!

Warum Nachhaltigkeit an Bedeutung gewinnt, in jedem von uns ein Reptil steckt und Unternehmen von mehr Diversität profitieren.

Zweimal im Jahr lädt Screenforce zum Expertenforum ein um aktuelle Insights zu Zielgruppen, (Medien-)Konsum und Werbewirkung zu vermitteln. Das erste Expertenforum des Jahres drehte sich gleich um drei Themenkomplexe.

Glamour oder Öko? Beides!

Petra Süptitz, Director Consumer Insights GfK, zeigte in ihrem Vortrag, wie sich die globale Pandemie weltweit auf die Einstellungen der Verbraucher:innen zu ökonomischer, ökologischer und sozialer Nachhaltigkeit ausgewirkt hat und in welchen Zielgruppen die Veränderungen besonders stark sind.

Marken kommen am Thema Nachhaltigkeit nicht mehr vorbei: 71 Prozent der Verbraucher weltweit halten es für wichtig, dass Unternehmen umweltbewusst handeln. Im Jahr 2025 werden laut GfK-Schätzungen diese "Eco-Actives" 860 Mrd. US$ allein für Schnelldrehende Konsumgüter (FMCG) ausgeben.

Allerdings reicht für Unternehmen ein "grünes Mäntelchen" nicht aus, um von diesem Boom zu profitieren – denn ein immer größerer Teil der Verbraucher:innen legt nicht nur Wert auf nachhaltiges Handeln, sondern prüft auch immer kritischer Marken, die mit Nachhaltigkeit werben. Wenn dann dabei sogenanntes "Woke-Washing" aufgedeckt wird, kann der generelle Glaubwürdigkeitsschaden für die Marke erheblich größer sein als der vermeintliche Nutzen. Speziell die hohen Erwartungen der Gen Z sind eine Herausforderung, bieten aber auch Chancen, um als Unternehmen "Öko" neu zu definieren.

Warum unser Gehirn Emotionen will, um sich an Marken zu erinnern

Im Vortrag von Gesa Lischka (GF Kochstrasse – Agentur für Marken) drehte sich alles um die Frage, welche Rolle das "Reptilien-Brain" (das Stammhirn) in unserem Kopf beim Marketing spielt: Wie gestaltet man Botschaften, die den Adressaten auffallen und ihnen auch in Erinnerung bleiben?

Die Aufgabe des Stammhirns besteht darin, ganz grobe, in der Evolution überlebenswichtige Entscheidungen zu fällen: Annähern - oder vermeiden? Das Stammhirn wird umschlossen vom limbischen System, in dem wir emotional etwa 95 Prozent unserer Entscheidungen treffen. Dem Neocortex kommt schließlich die Aufgabe zu, zu begründen und zu analysieren. Der Neocortex ist also gut darin, Argumente zu entwickeln und in Sprache zu verpacken. Das heißt aber nicht, dass genau diese Argumente bei den Kund:innen ebenso aufgenommen werden. Stattdessen muss jede Botschaft auf der Seite der Empfänger:innen zunächst einmal das Stammhirn in seiner Rolle als "Gatekeeper" überwinden, um danach auch noch das limbische System mittels Emotionen zu triggern. Gesa Lischka zeigt einige interessante Beispiele dafür, wie das in der Praxis funktioniert – und warum visuelle Eindrücke und Emotionen dabei die Hauptarbeit übernehmen.

Warum Frauen die Welt retten werden – und Männer dabei unerlässlich sind

Ines Imdahl (GF rheingold salon) räumt in ihrem Vortrag  mit dem Mythos auf, dass Diversity in Unternehmen inzwischen eine Selbstverständlichkeit ist. Studien zeigen immer wieder, dass Unternehmen, die nicht nur Wert auf Diversity legen, sondern tatsächlich so agieren, deutlich erfolgreicher sind. Woran hapert es also? Vielleicht an den Klischees dazu, was "typisch weiblich" und "typisch männlich" ist? Insights liefert eine tiefenpsychologisch-repräsentative Studie unter 230 Führungskräften, die rheingold salon durchgeführt hat.* Für rund die Hälfte der Befragten (52%) war beim Thema Diversität die Geschlechter-Gleichheit auf allen Führungsebenen besonders wichtig, die Anerkennung des Weiblichen als gleichwertig sahen nur 42 Prozent als besonders wichtig an. So geht also Gleichberechtigung nicht zwangsläufig mit Gleichwertigkeit einher. Vielmehr werden manche "typisch weiblichen" Eigenschaften im Geschäftsleben als Defizit bewertet. Aber ist das wirklich so?

Und die Weltrettung? "Das Einbeziehen von komplexen Zusammenhängen ist eine weibliche Stärke, die hilft, die Welt zu retten" – dies war eine der Thesen, die im Rahmen der tiefenpsychologischen Studie mit den Führungskräften im Mittelpunkt standen. Dagegen stehe im Mittelpunkt männlichen Denkens Durchsetzungsstärke, Macht, Fokus und letztlich der Abschluss – durchaus auch auf Kosten des Umfeldes. Aus der Kombination von "typisch weiblich" und "typisch männlich" ergibt sich nicht nur ein Vorteil für das Unternehmen, sondern gerade auch für die Männer: Das Risiko wird minimiert.

Die Neigung von Frauen, die Rolle der "Kümmernden" einzunehmen, hat gesellschaftlich betrachtet aber auch klare monetäre Benefits: 40 Prozent des BIP wird gratis erwirtschaftet, 80 Prozent hiervon entfallen auf Tätigkeiten, die Frauen übernehmen. Pro Jahr erledigen Frauen in Deutschland damit unbezahlte Care-Arbeit im Wert von 825 Milliarden Euro.
 

Quelle: rheingold salon


Ines Imdahl erläutert anhand vieler Beispiele, wie Unternehmen von Eigenschaften profitieren, die als "typisch weiblich" wahrgenommen werden – und warum Weibliches und Männliches zusammen viel mehr Spaß macht, als Geschlechterkampf.

Alle Präsentationen können auf der Website von Screenforce heruntergeladen werden.

*Janine Steeger, Ines Imdahl (2022): Warum Frauen die Welt retten werden. Komplett-Media, Grünwald, ISBN 978-3-8312-0605-6.