Digitale Sprachassistenten in der Lebenswelt von Heranwachsenden

Aus pädagogischer Sicht bietet smarte Technologie klare Chancen – sie bringt aber auch Herausforderungen mit sich. 

Aus der Nutzung smarter Technologie durch junge Menschen können sich zweifelsohne viele Chancen ergeben. Sie kann z. B. bei den Hausaufgaben helfen, durch pädagogisch wertvolle Spielanwendungen und interaktive Geschichten vielseitige Fähigkeiten wie die Sprachentwicklung fördern und den Alltag viel beschäftigter Eltern (und damit ihrer Kinder) erleichtern. Allerdings gibt es auch zahlreiche Herausforderungen, die sich aus medienpädagogischer Sicht beim Einsatz von Smart Speakern und digitalen Sprachassistenten ergeben. Dr. Michael Haas, Geschäftsführer von Media Smart e.V. und Anna Keller, Projektmitarbeiterin im mabb-Drittmittelprojekt zum Thema Smart Speaker und Digitale Sprachassistenten, haben in einem Aufsatz für die Zeitschrift MedienPädagogik* die Bedeutung smarter Technologien in der Lebenswelt junger Menschen herausgearbeitet.

Die Kernergebnisse lauten:

Medienkompetenz dringend erforderlich

Medienkompetenz im Kontext von Smart Speakern und digitalen Sprachassistenten beinhaltet zahlreiche Facetten. Hier einige Beispiele.

Die Nutzer:innen ...

  • sind sich den alltäglichen Verlockungen nach Konsum im Klaren, welche die smarte Technologie ermöglicht. Sie entscheiden sich bewusster für oder gegen ein Angebot.
  • betrachten Informationsbeschaffung per Sprachsuche mit Vorsicht und sind in der Lage, die Ergebnisse zu hinterfragen und sie mit anderen Quellen abzugleichen.
  • verfügen über ein hohes Maß an Reflexionsvermögen, sodass sie auch bei regelmäßiger Nutzung dieser Werkzeuge kein pädagogisch unerwünschtes Verhaltensmuster (z. B. im Sinne des „gender bias" oder „Befehlsformen“) übernehmen.
  • sind sensibilisiert, dass sie für die Verwendung von smarter Technologie mitunter mit ihren persönlichen Daten zahlen. Hierbei verfügen sie über das technische Know how, u. a. Smart Speaker und digitale Sprachassistenten an- und auszuschalten sowie aufgezeichnete Fragen und Befehle zu löschen.

Ethische Grenze durch „Dishonest Anthropomorphism“

Menschen neigen dazu, Robotern und künstlicher Intelligenz menschliche Eigenschaften zuzuschreiben. Hersteller von smarter Technologie verfügen dadurch grundsätzlich über ein mächtiges Werkzeug, das die Mensch-Maschine-Kommunikation nutzen kann, um beispielsweise emotionale Verbindungen zu schaffen oder Schutzinstinkte auszulösen. So ist es nicht verwunderlich, dass Roboter mithilfe von Kommunikationsstrategien effektiv die Zustimmung von Menschen und besonders von Kindern gewinnen können. Diese Vortäuschung einer menschlichen Identität wird als „Dishonest Anthropomorphism“ bezeichnet.

Auch Hersteller und Werbetreibende tragen Verantwortung

Für einen kompetenten Umgang der Heranwachsenden mit smarter Technologie sind neben der Pädagogik (mit ihrer Aufgabe, altersspezifische Bildungsprogramme zu konzipieren und umzusetzen) mindestens zwei weitere zentrale Akteur:innen nötig:

  • An erster Stelle sind hier die Eltern zu nennen, denn sie haben einen entscheidenden Einfluss auf die Entwicklung ihrer Kinder — auch in Bezug auf das Konsumverhalten und der kommunikativen Fertigkeiten. Dabei brauchen sie Unterstützung beim kindgerechten Umgang mit smarten Technologien.
  • Smarte Technologie ist nicht neutral. Sie wird logischerweise von Unternehmen mit ihren spezifischen Ansichten und Interessen produziert. Daher tragen sie und Werbetreibende – nicht ausschließlich, aber auch aufgrund des manipulativen Potenzials des „Dishonest Anthropomorphism“ – eine gesellschaftliche Verantwortung.
*Haas, Michael und Keller, Anna (2021): "‹Alexa, adv(ert)ise us!›: Smart Speaker, digitale Sprachassistenten und deren Herausforderungen für die Werbekompetenzvermittlung an junge Menschen." MedienPädagogik: Zeitschrift für Theorie und Praxis der Medienbildung 43 (Advertising Literacy), S. 19-40. Hier können Sie den ganzen Artikel online herunterladen

 

Weiterführende Informationen

Media Smart e. V. ist eine gemeinnützige und internationale Bildungsinitiative, die sich für die Förderung von Werbe- und Medienkompetenz stark macht. Das Netzwerk ist als Projekt für unabhängige und kompetente Medienerziehung bei der EU-Kommission anerkannt. SUPER RTL und die Ad Alliance zählen zu den Mitgliedern des Vereins.