Die Qual der Wahl – oder das Jonglieren mit den Medienkanälen

Die Studie "Medien-Hinwendung" zeigt, welche der zahlreichen Medienangebote besondere Aufmerksamkeit erfahren. 

Inhaltliche und technologische Kreativität haben die Medienlandschaft in den letzten Jahren dynamischer, attraktiver und noch abwechslungsreicher gemacht. Die wachsende Auswahl an Medienangeboten spiegelt das wider und macht die Auswahl für Nutzende um einiges schwieriger. Die DATA Alliance, der Fachbereich für Forschung und Daten bei der Mediengruppe RTL Deutschland, hat gemeinsam mit den Experten für technologie- und datengetriebenes Marketing der annalect bei über 15.500 Deutschen nachgefragt, welche Medien sie am Vortag genutzt haben und in welchem Nutzungskontext diese Medienkontakte stattfanden. Die Multi-Client-Studie "Medien-Hinwendung" liefert aktuelle Daten und Fakten zur Mediennutzung und bestätigt gleichzeitig die Erkenntnisse vieler Grundlagenstudien zu den psychologischen Funktionalitäten medialer Angebote.  

Die Studie zeigt: Fernseher und Smartphones sind der Deutschen liebste Endgeräte, das gilt für den Großteil der abgefragten Disziplinen – angefangen bei Bewegtbild über Audio, Social Media bis hin zur digitalen Kommunikation. Vor allem beim Konsum von Bewegtbildinhalten ist der Fernseher das Gerät der ersten Wahl. Die jüngere Generation (18-29 Jahre) greift im Notfall auch zum Smartphone, das grundsätzlich eine besonders wichtige Rolle bei ihrem Medienkonsum einnimmt.  

Eine Frage der Exklusivität 

Bei all den medialen Möglichkeiten hat sich eine Sache nicht geändert: Das Zeitkontingent ist unveränderlich, der Tag hat 24 Stunden und die reichen nicht aus, um neben dem alltäglichen Leben alles gelesen, gehört und gesehen haben zu können. Man muss sich entscheiden.  
 

"Die Auswahl ist heute immens. Während man noch mitten im Serienmarathon steckt, laufen bereits zig neue Serien an. Das Angebot von Podcasts ist inzwischen nahezu unüberschaubar groß geworden. Dies ließe sich für alle Kanäle weiter ausführen und will sagen: Wird die Auswahl zu groß, steigt der Aufwand, eine Entscheidung zu treffen, was wiederum die Aktivität des Nutzenden sinken lässt und es entsteht die 'Qual der Wahl' – und das ist keine Sache des Alters. Mediennutzung ist heute vielschichtiger und erfolgt parallel. Es ist also nicht die Frage, ob, sondern vielmehr, was parallel gemacht wird. Diese Antworten lassen Schlüsse zur Exklusivität und Qualität der Angebote zu und genau das macht unsere aktuelle Studie." 
Karin Immenroth, Chief Data & Analytics Officer DATA Alliance der Mediengruppe RTL


Klassische Medien werden intensiver genutzt als Social Media-Kanäle, die auf eine durchschnittliche Verweildauer von täglich 20 Minuten kommen. Bestwerte erzielen bewegte Bilder, für die man sich deutlich mehr Zeit nimmt als für andere Medieninhalte. An Tagen, an denen kostenpflichtige Streamingangebote geschaut wurden, lag die durchschnittliche Verweildauer bei 70 Minuten, beim linearen TV sind es 56 Minuten, 53 Minuten für Mediatheken, 38 Minuten für Podcast und YouTube kommt auf 29 Minuten. Auf Zeitungen und Zeitschriften entfallen 21 bzw. 20 Minuten.  

Wie sehr konzentrieren sich die Konsumenten auf die medialen Inhalte? Die Medien-Hinwendungs-Studie zeigt: Am stärksten fokussiert wird das lineare Fernsehen genutzt, denn 46 Prozent konzentrieren sich ausschließlich auf den Inhalt. Wenn es zur Ablenkung kommt, liegt das am Essen (20% haben beim TV-Konsum gegessen) oder weil parallel im Internet gesurft wird (19%). Ein ähnliches Bild zeigt sich beim Streaming auf kostenpflichtigen Videoplattformen und bei den Mediatheken, wobei die exklusive Nutzung mit rund 40 Prozent etwas geringer ausfällt. YouTube kommt mit 42 Prozent ebenfalls auf einen guten Wert – allerdings ist die Parallelnutzung fragmentierter als bei den anderen Bewegtbildkanälen und die eine oder andere Aktivität erfordert eine höhere Konzentration, wie beispielsweise fernsehen (9%), arbeiten (7%) oder auch telefonieren (7%). Auch im Printbereich kommt die exklusive Nutzung von (Tages-)Zeitungen und Zeitschriften auf rund 40 Prozent. Bei der Parallelnutzung nehmen Musik hören (20%) und Fernsehen (18%) einen großen Platz ein.  

Wie schon das Radio sind Podcasts ein klassisches Nebenher-Medium – man geht Hausarbeiten nach (19%), isst etwas (19%) oder surft im Internet (17%). Weniger konzentriert sind Nutzende bei Social Media: Bei der Facebook-Nutzung wendet sich beispielsweise jeder Dritte dem Fernseher zu. Gleiches gilt für Instagram und Snapchat, 30 Prozent lassen hier parallel den Fernseher laufen. Ein genauerer Blick in die verschiedenen Altersgruppen zeigt: Umso jünger, desto mehr Aktivitäten finden parallel statt – und die Aufmerksamkeit für Inhalt und Botschaften sinkt.  

Die Rallye um den TV-Screen 

Doch beim Kampf um Aufmerksamkeit geht es auch um die Frage des Bildschirms. Mit Verbreitung der smarten TV-Geräte findet der Wettbewerb unmittelbar auf dem TV-Bildschirm statt. Hier wird nicht mehr "nur" Fernsehen geschaut, sondern auch komfortabel gestreamt – tatsächlich nutzen Streamer hierfür meistens den Fernseher (71%). Der Nutzungs-Peak ist in der Primetime, die Hauptmotivation beim Streaming liegt in der Unterhaltung (61%) und das in einem entspannten Setting (67%).  

Die Videonutzung stieg in der Corona-Pandemie durch die zusätzliche Freizeit in allen Altersgruppen. Gerade junge Mediennutzer haben einerseits das klassische Fernsehen (wieder-)entdeckt, treiben andererseits die Streaming-Entwicklung im Haushalt voran, da viele Anbieter inzwischen auch umfangreiche Inhalte für die jüngsten Zielgruppen bereitstellen. Auf diesem Weg entdecken auch ältere Generationen die on-Demand-Welt für sich – und Streaming ist im Mainstream angekommen.  

Ein Blick in die deutschen Haushalte zeigt, dass sich die Nutzung der verschiedenartigen Videoangebote die Waage hält. SVoD und BVoD werden kombiniert genutzt. Durchschnittlich werden 1,5 kostenpflichtige Anbieter regelmäßig parallel genutzt, in der jungen Zielgruppe sind es zwei. TV und Streaming sind also kein "Entweder/Oder", sondern existieren in deutschen Haushalten in Koexistenz.  

Während die Bewegtbildmedien Meister der Unterhaltung sind, leistet die Gattung Print einen wertvollen Beitrag, wenn es darum geht, weitere aktuelle Informationen zu erhalten und um mitreden zu können – mit diesen beiden Nutzungsmotiven liegen sie im Vergleich zu allen anderen Kanälen weit vorn. 

Neben diesen Ergebnissen beinhaltet die Studie "Medien-Hinwendung" unter anderem auch weitere Informationen zur Nutzung der einzelnen Kanäle im Tagesverlauf sowie zum Nutzungssetting. 

Studiendesign: annalect Germany hat im Auftrag des Fachbereichs DATA Alliance der Mediengruppe RTL insgesamt 15.518 Onliner im Alter von 18 bis 69 Jahre im November 2020 über eine Woche lang befragt. Im Fokus der Untersuchung stand die die Nutzung und das Nutzungssetting der Medien. Um detaillierte Informationen zum Nutzungskontext zu ermitteln, wurde jeder Befragte zu drei am Vortag genutzten medialen Angeboten befragt. Die Teilnehmer wurden nach Alter, Geschlecht und Bildungsgrad quotiert rekrutiert, zudem wurde die Umfrage nach Wochentagen ausgesteuert.