Wie war das mit Virtual Reality?

Viel wurde versprochen, wenn es um Virtual Reality ging. Bald würden alle GamerInnen nur noch mit VR-Brille durch die Open World-Games wandern. Doch die Realität ist anders. Aber warum verläuft die Verbreitung von Virtual Reality-Anwendungen so schleppend? Eine Status quo-Analyse einer Technologie mit viel Potenzial.

Es liegt nahe, das Smartphone als Vergleichsgröße heranzuziehen, wenn man den Erfolg anderer technischer Innovationen bemessen möchte. Laut der Unternehmensberatung Deloitte* hatten Smartphones nur fünf Jahre nach dem kommerziellen Start bereits eine Verbreitung von 56 Prozent in Deutschland. Schauen wir auf Virtual Reality, kommt die Technologie am Ende des gleichen Zeitraums auf gerade einmal 5 Prozent.

Doch wo liegen die Ursachen? Deloitte identifiziert zwei Gründe als wesentliche Faktoren, die die Entwicklung hemmen. Zum einen falle die Abwägung von Kosten und Nutzen aus der Perspektive der Konsumenten häufig negativ aus. VR-Brillen sind also schlichtweg noch nicht günstig genug. Dieser Kostenaspekt drücke nach wie vor das Interesse an der Technologie, so die ExpertInnen. Zum anderen fiele einigen VerbraucherInnen der Umgang mit innovativen Attributen von VR schwer. VR-Nutzung mag zwar per se für sie interessant sein, hat aber störende Nebeneffekte. So geben 13 Prozent der in der Studie Befragten an, dass sie den gemeinsamen Medienkonsum mit der Familie oder Freunden bevorzugen würden. 12 Prozent hätten überdies Angst vor Übelkeit beim Einsatz von VR-Brillen.  

Folgt man Deloitte, liege es aber nicht nur an den VR-unwilligen Verbrauchern. Auch die Anbieter hätten mit Fehlentscheidungen zur bisher holprigen Geschichte von Virtual Reality beigetragen: Zu früh habe man Erwartungshaltungen der Konsumenten hochgeschraubt, die dann von technologisch nicht vollständig ausgereiften Produkten enttäuscht worden wären.  

Geringe Auflösung oder User-Experience-Probleme tragen somit dazu bei, dass die Anfangseuphorie bezüglich VR schnell einer Ernüchterung gewichen ist.  

Seitdem ist zwar technisch viel passiert (bessere, günstigere Brillen für unterschiedlichste Ansprüche sprießen aus jeder Ecke), aber ein nachhaltiger Erfolg wie ihn das Smartphone erlebt hat, bleibt für VR aktuell noch aus. Die Technik verbreitet sich bei GamerInnen und Technik-EnthusiastInnen – doch nicht im Massenmarkt.   

Virtual Reality hat Potenzial, aber es bleibt dabei: Content is King!  

Doch weiterführende Deloitte-Studienergebnisse aus dem Frühjahr 2020 zeigen: VR hat weiterhin Potenzial! Mehr als die Hälfte der Deutschen können sich demnach grundsätzlich vorstellen, Virtual Reality-Dienste zu nutzen. Zwar dominiere der Anwendungsfall Gaming, aber der Vorsprung gegenüber anderen Anwendungsfällen wie beim Konsum von Filmen, Serien, bei der Bertrachtung von Landschaftsaufnahmen oder Ähnlichem ist klein. Die AutorInnen der Studie verweisen aber darauf, dass der Weg von grundsätzlichem Interesse zur Kaufentscheidung weit sei. Diesen Weg gehen engagierte GamerInnen eher, als potenzielle KundInnen, die sich vielleicht nur Urlaubsfilme mittels VR anschauen wollen. Es bleibt daher anzunehmen, dass Videospiele zunächst der häufigste VR-Anwendungsfall bleiben werden.  

Wie aber lässt sich das vorhandene breite Interesse an der Technologie nutzen? Hier ist langer Atem gefragt – sowohl in der VR-Branche als auch bei den Content Creators. Die Analysten von Deloitte schlagen in dieselbe Kerbe: Es gebe zwar eine Vielzahl an VR-Videos aus den Bereichen Fiktion oder Dokumentation – was aber fehle, seien Blockbuster-Inhalte mit starken Namen, die entsprechende Strahlkraft mitbrächten. Angebote wie das der Deutschen Telekom, in dem über Magenta VR und MagentaMusik 360 Live-Events in 360-Grad-Perspektive angeboten werden, seien noch unzureichend am Markt – und das ausgerechnet in einer Zeit, in der die Gelegenheit zur Teilnahme an Live-Erlebnissen pandemiebedingt rar gesät sind.  

Letztlich wird der Schlüssel zum Erfolg von Virtual Reality-Angeboten beim Content liegen. Nur gute Inhalte, die die technischen Möglichkeiten mit attraktiven Erlebnissen kombinieren, können überzeugen. Laut Deloitte seien hier nicht nur innovative Start-ups gefragt, sondern auch große Medien- und Plattformunternehmen – mit entsprechenden finanziellen Möglichkeiten, dem Content-Knowhow und einem langen Atem bei der Etablierung neuartiger Content-Formen.  

Aktueller Zeitgeist als Treiber für Virtual Reality  

Wie könnte die Zukunft der Virtual Reality aussehen? Deloitte weist in einer Umsatzprognose aus, dass in Deutschland bis zum Jahr 2024 die Umsätze mit Virtual Reality die 500 Millionen-Euro-Grenze überschreiten könnten. Bedingt durch COVID 19 erlebte die Branche bereits einen moderaten Umsatzanstieg im Jahr 2020. Man erwarte nun eine durchschnittliche Wachstumsrate von 30 Prozent zwischen 2019 und 2024. 

Entscheidend für diese Prognose seien vor allem vier Treiber: Zum einen sei es das immer besser werdende Hardware-Angebot in allen Preissegmenten. Weitere Treiber wären der Rückenwind durch attraktive Gaming-Titel, die die Technik nutzen sowie ein nachhaltiges Engagement wichtiger Marktakteure (wie etwa Sony, wo bei der PS5 Virtual Reality ein wichtiges Thema ist). Schließlich sei das pandemiebedingte Eskapismusbedürfnis ein wichtiger Katalysator für innovative Technologien: NutzerInnen lassen sich jetzt eher auf neue Techniken ein, die das Bedürfnis nach Entertainment auf besonders attraktive Weise erfüllen können. 

*"Consumer XR. Zukunftsperspektiven für Virtual, Augmented und Mixed Reality", Deloitte, 2020.