Das Land – der neue Sehnsuchtsort

Landflucht, fehlende Arbeitsplätze und sterbende Dorfläden gehören in manchen ländlichen Regionen heute der Vergangenheit an. Stattdessen drängen Menschen raus aus den Städten – aufs Land, wo sie digital arbeiten und nachhaltig leben können, wo dörfliche Gemeinschaft und das Leben mit der Natur prägend ist.

Das Ende der Re-Urbanisierung?

Drei Viertel der Weltbevölkerung leben inzwischen in Städten – dies entspricht 5,6 Milliarden Menschen weltweit, wie der „Atlas of the Human Planet“1 der EU zeigt. Seit 1975 hat sich die Zahl der urbanen Zentren verdoppelt, die der Millionenstädte und Megacities sogar verdreifacht. Deutschland hingegen gehört mit einem Anteil von 70% Stadtbewohnern zu den Ländern mit unterdurchschnittlicher Urbanisierung. Hierzulande gibt es 86 urbane Zentren, davon 18 mit mehr als 300.000 Einwohnern. Nur fünf Städte haben mehr als eine Million Einwohner.

Deutsche Städte verzeichneten noch vor einigen Jahren erhebliche Binnenwanderungsgewinne. Damit einher ging eine Debatte über Bevölkerungsschrumpfung in ländlichen Regionen. Seit einigen Jahren verzeichnen die Großstädte aber wieder Wanderungsverluste: Mehr Menschen ziehen aus den Städten fort als hinzu, und zwar meist in das direkte Umland. Das bestätigt auch das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung in einer im Februar veröffentlichten Studie.2

Die Sehnsucht nach dem Landleben

Es gibt viele wirtschaftlich starke, ländliche Räume in Deutschland – beispielsweise in Regionen im Süden und in der Mitte Deutschlands. In diesen Landkreisen beruht die wirtschaftliche Stärke auf dem Mittelstand, der hochqualifizierte Beschäftigte anzieht. Neben beruflichen Gründen und Wohnraum spielen aber auch emotionale Treiber eine Rolle bei der Abwanderung in ländliche Gebiete. Eine vom Trend Research-Team (Data & Audience Intelligence) der Mediengruppe RTL durchgeführte Online-Umfrage3 zeigt, dass es eine große Sehnsucht nach dem Leben auf dem Lande gibt. Für die große Mehrheit der Ende August Befragten sind „Natur und Idylle“ (89%) wichtig bei der Wohnortwahl. 91% (83% der unter 20-Jährigen) sehen das Thema „Ruhe und Stille“ als relevanten Wohnortfaktor. Das zeigt, dass der Wunsch nach Entschleunigung in allen Altersgruppen angekommen ist. Für 76% spielt zudem die (dörfliche) Gemeinschaft mit Anderen eine wichtige Rolle bei der Wohnortwahl.

Die große Mehrheit der Befragten (75%) glaubt, dass die Lebensqualität auf dem Lande höher sei. 86% lieben es, Zeit fernab vom Großstadttrubel zu verbringen. Für mehr als jeden dritten Befragten (44%) hat Corona den Wunsch bestärkt, auf dem Land zu leben.

Wer nicht gleich auf das Land ziehen möchten, kann sich auch tageweise zurückziehen. Land- und Bauernhofurlaube liegen in diesem Jahr voll im Trend. Mehr als jeder Dritte (37%) hat „das Landleben dieses Jahr im Urlaub (wieder)entdeckt“. Das Land ist also der große Sehnsuchtsort – gerade, weil die meisten Menschen dort nicht leben. Denn nur circa 14% der Deutschen (ab 14 Jahren) leben in Gemeinden mit weniger als 5.000 Einwohnern.4

Landleben im „Kleinen“

Die Deutschen sind auch Fans von Medieninhalten, die das Thema Landleben betreffen – 41% lieben Bücher und Zeitschriften zu diesem Thema. Was sich in der Heimat so alles unternehmen und entdecken lässt, zeigt beispielsweise WALDEN: Das Magazin liefert u.a. zahlreiche Ideen für Touren und Trips quer durch die Republik. Auch das Magazin Landlust bietet in der aktuellen Ausgabe (05/2020, September & Oktober) wieder relevante Beiträge zu den Themen „Ländlich Wohnen“ und „Landleben“. Mehr als jeder Dritte (38%) schaut auch gerne TV-Formate, die auf dem Land spielen - wie beispielsweise „Bauer sucht Frau“.

Für die Menschen, für die dieses Jahr weder ein Umzug auf das Land noch ein Urlaub auf dem Bauernhof eine Option ist, bleibt immer noch der Garten, für den VOX-Dokus wie „Ab ins Beet!“ oder die „Beet-Brüder“ die notwendige Inspiration liefern können. Junge Großstädter, die keinen eigenen Garten haben, holen sich mit „Urban Gardening“ und „Urban Farming“ die Natur in die Stadt. Ob „gutbürgerlich“ auf dem eigenen Balkon - oder in Guerilla-Manier illegal auf brachliegenden Flächen.

Weiterführende Informationen

Quellen:
1) https://ghsl.jrc.ec.europa.eu/atlas2019Overview.php
2) Bevölkerungsforschung Aktuell 2/2020, Herausgeber: Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung „Binnenwanderung in Deutschland seit 1991 – Aktuelle Analysen und Befunde“
3) Umfrage über die „I love MyMedia“-App, n=210 Befragte (Männer und Frauen im Alter ab 16 Jahren), Befragungszeitraum: 15. bis 17. August 2020
4) Best4Planning 2019 III