Social Media: Eine emotionale Entscheidung

Daten aus dem Factbook Social Media der Ad Alliance zeigen: Facebook & Co. können rational betrachtet klassische Medien in der Markenkommunikation nicht ersetzen.

Die meisten Marken setzen heute auf Crossmedia- oder gar 360-Grad-Kampagnen. Bei der Auswahl der passenden Mediagattungen stellt sich nicht nur die Frage nach den jeweiligen Wirkungsprofilen und Kontaktqualitäten, welche die Ad Alliance zum Beispiel im Rahmen des Werbewirkungsfunnels analysiert hat. Mindestens ebenso wichtig sind quantifizierbare Hardfacts, die Aufschluss über reale und realisierbare Kampagnenleistungen geben.

Social Media kann ein wertvoller Kampagnenbestandteil sein. Doch nicht selten werden Social Media-Plattformen nur darum in den Mediamix aufgenommen, weil dort Zielgruppen vermutet werden, die auf anderem Weg angeblich nicht mehr erreichbar sind. Im Factbook Social Media hinterfragt die Ad Alliance auf Basis transparent ermittelter Daten, ob Social Media wirklich unverzichtbar ist – oder ein ganz normaler Werbeträger, der sich damit auch den im deutschen Markt üblichen Leistungsbetrachtungen stellen sollte.

Keine Wirkung ohne Reichweite

Reichweite ist eine unverzichtbare Voraussetzung für den Kampagnenkontakt und letztlich auch für die Wirkung. Die Daten zeigen: Es gibt in der Realität kaum einen Social Media-Nutzer, der auf TV oder Print verzichtet. Gleichzeitig liegt die Social Media-Reichweite weit unter der von klassischen Medien. Das heißt: Für höchste Reichweiten sollten Werbetreibende weiter auf die klassischen Medien setzen - Soziale Netzwerke können solch einen Marketing-Mix ergänzen, aber die klassischen Medien nicht ersetzen.

Zu den beliebtesten Social Media-Plattformen gehörten im Jahr 2020 unter den deutschen Onlinern ab 16 Jahren WhatsApp (69% Nutzer), YouTube (68% Nutzer). Facebook als Drittplatzierter erreicht vier von zehn Onlinern ab 16 Jahren nicht mehr (60% Nutzer). Bei einer (großzügigen) Betrachtung der monatlichen Netto-Reichweite kommt Facebook auf 77 Prozent – Print dagegen auf 91 Prozent und TV auf 96 Prozent.

Zum Vergleich: Die Angebote der Ad Alliance erzielen in Kombination von TV, Print, Online und Mobile eine Reichweite von 99 Prozent – und zwar bei allen Erwachsenen (E14+). Allein die Digital-Reichweite der Ad Alliance ist mit 84 Prozent (E14+) höher als die von Facebook (77%, Onliner 16+).

Hohe Zielgruppenüberschneidungen

Nun ließe sich mutmaßen, dass Social Media-Angebote zwar insgesamt weniger, aber dafür andere Personen erreichen als andere Werbeträger. Diese Vermutung widerlegt der Blick auf die Daten der renommierten b4p-Studie: Nimmt man Facebook, YouTube und Instagram zusammen, erreichen diese nämlich insgesamt 16 Prozent der Ad Alliance-User nicht. Umgekehrt erreicht man mit dem Ad Alliance-Portfolio nur 0,1 Prozent der Social Media-User dieser drei Plattformen nicht.


Hinzu kommt: Es gibt große Überschneidungen der Nutzerschaften von YouTube, Instagram und Facebook – und diese Überschneidungen haben in den letzten Jahren sogar noch stark zugenommen. Währenddessen wandern z.B. von Facebook die dort vermuteten, jungen Zielgruppen immer stärker ab.

 

 

Diffizile Zielgruppenansprache in Social Media

Sieht man eine Werbepräsenz in Social Media abseits der ernüchternden Effizienz-Daten als unverzichtbaren Imagefaktor einer Kampagne, muss man sich einer weiteren Herausforderung stellen: Der Zielgruppenansprache. Denn je genauer das Targeting, umso höher wird auch der Aufwand für die "passgenaue" Kommunikation. Das fängt zunächst einmal mit der richtigen Ansprache und dem glaubwürdigen, permanent gepflegten Marken-Account an. Weil Social Media von den Usern primär zur Kommunikation untereinander genutzt wird, ist aber auch die Schwelle zur Reaktanz schnell überschritten.


Andere Werbeträger mit professionellem Content garantieren verlässliche Umfelder für die Markenkommunikation. Bei Social Media mit seinem vorwiegend User-Generated Content lässt sich die Brand Safety zwar in gewissem Umfang durch Keyword-Blocking (keine Platzierung von Werbung auf unerwünschten Seiten) erzielen – dieses kostet aber wiederum Reichweite. Einen "goldenen Mittelweg" gibt es nicht, falls die Marke nicht Gefahr laufen will, etwa als "Sponsor" von Fake News wahrgenommen zu werden.

Auch die User sehen die Schwächen von Social Media durchaus: Gefragt nach den Unterschieden zwischen OVK-Umfeldern* mit professionellem Content und Social Media vergeben sie ersteren durchweg höhere Vertrauenswerte.

 

Social Media ist kein Wirkwunder

Rechnet sich eine Markenpräsenz in Social Media über stärkere Werbewirkung, selbst wenn Datenbasis und Umfeldqualität fragwürdig und der Handlingaufwand höher sind? Leider nicht, wie mehrere Wirkungsstudien zeigen. So wird etwa Video-Werbung auf Social Media-Plattformen weniger gut erinnert als in TV-Umfeldern. Das Marken-Image profitiert von einer Präsenz bei Facebook weniger als bei einem Auftritt in Ad Alliance-Umfeldern. Und schließlich steigern die identischen Werbespots platziert bei YouTube, Facebook & Instagram die Kaufabsicht weniger als bei der Ausstrahlung in TV-Umfeldern. Wenig überraschend: Die über Facebook & Co. ausgespielten Spots werden auch schneller vergessen.

Fazit: Social Media muss man sich leisten können

Unter Wirkungsaspekten spricht nichts dafür, Budget von klassischen Medien und ihren Digital-Pendants zu Social Media zu verschieben. Was bleibt, ist ein vermuteter Imagevorteil. Nun ist die Belegung von Werbeträgern allein auf Basis von Image-Überlegungen durchaus üblich – doch die von den Nutzern selbst attestierte geringere Glaubwürdigkeit und die geringere Akzeptanz von Werbung in Social Media-Umfeldern stellen hohe Ansprüche an die Kampagnen. Was bleibt, sind hohe Risiken für die Brand Safety.

Zielgruppen schnell und mit starken Wirkungen zu erreichen, bleibt das Metier der klassischen Medien. Wenn es sich im Rahmen der Kommunikationsstrategie empfiehlt, Social Media einzubinden, darf der damit verbundene Aufwand nicht unterschätzt werden. Anders als bei klassischen Massenmedien, muss bei schlecht umgesetzten Social Media-Kampagnen auch mit unmittelbarem negativen Feedback gerechnet werden, das sich schnell im Netz verbreiten und im schlimmsten Fall zu nachhaltigen Imageschäden führen kann.